Freitag, 15. Oktober 2010

Einige Episoden

Immer wieder bleibt mir der Mund offen stehen... Hier ein paar Erlebnisse:
  • Es gibt sehr verschiedene Geschaeftsphilosophien in Nepal. Einigen gibt es zuviel Arbeit etwas zu verkaufen, andere wuerden alles machen um dir etwas anzudrehen. Eines Tages wollte ich gruenes Papier kaufen fuer meine SchuelerInnen. Ich ging zu einem Shop und wurde bedient, waehrend die Verkauferin gleichzeitig telefonierte und zwischendurch auch noch ein SMS schrieb. Sie warf mir die gewuenschte Anzahl Blaetter hin und verkuendete, jedes Blatt koste 3 Rupien. Ich musste also selber ausrechnen, wieviel ich bezahlen muss! Ein Danke oder ein Adieu gibt es sowieso nicht! Es kommt auch vor, dass der Verkaeufer grad am Fernsehschauen ist und somit keine Zeit fuer Kunden hat.
  • Saskia bestellte einmal in einem Restaurant ein Ananaslassi. Sie musste lange warten und konnte dabei zuschauen, wie die Servierboys Ananas assen. Nach einer Weile kamen sie wieder an ihren Tisch und sagten, sie haetten leider keine Ananas mehr...
  • Anik und ich bestellen im Restaurant immer unser Muesli mit frischen Fruechten, Honig und Joghurt. Einmal mussten wir auch ewigs warten. Und ploetzlich sahen wir wieso: der Kellner kam grad mit einer Plastiktuete voller Fruechte vom Markt zurueck:-)
  • Da wir in Chitwan einen Tag laenger als geplant bleiben mussten, wollten wir Geld abheben und Waesche waschen. Wir gingen zu einem Moneychanger. Er konnte aber kein Geld ab der Maestrokarte geben. Weil wir schon dort waren, fragten wir, wo die naechste Waescherei sei. Er antwortete, wenn wir wollen, koenne er uns die Wasche waschen. Also ueberliessen wir unsere schmutzigen Kleider dem Geldwaescher:-)
  • Eines Tages war ich mit Anik und Yangchen im Bus. An einem Busstop hielt der Bus. Ein zweiter Bus kam, und fuhr so vor unseren Bus, dass wir nicht mehr losfahren konnten. Das fuehrte zu einem Streit. Unser Buschauffeur ist ausgestiegen um sich mit dem Kondikteur des anderen Buses zu streiten. Nach und nach stiegen alle Leute aus unserem Bus aus um zuzusehen und zuzuhoeren. Aber niemand machte etwas. Als fast nur noch wir drei im Bus waren, stieg Yangchen aus. Mit ihrer ruhigen und gelassenen, aber entschiedenen Art ging sie zum Busfahrer, nahm in am Arm und fuehrte ihn zurueck in den Bus, damit wir weiterfahren konnten. Wow, ich habe Yangchens Mut bewundert!

Wohnen

Wohnungen sehen sehr unterschiedlich aus. Je nach Wohlstand der Familie. Meine Familie wohnt ziemlich luxurioes. Wir haben zum Beispiel einen Wasserhahn und eine Dusche im Haus. Das Wasser kommt aus einem riesigen Wassertank auf dem Dach. Diese Wassertanks werden gekauft. Und das Wasser ist nicht trinkbar. Dafuer haben wir einen extra Trinkwassertank in der Kueche. 
Betten bestehen aus einem Brett auf Fuessen und in luxurioesen Faellen einer Matratze. Nichts fuer Leute mit Rueckenproblemen!
Die Vorhaenge in meinem Haus sind immer zu. Keine Ahnung wieso. Vielleicht, dass die Sonne nicht hineinscheint und dass es kuehl bleibt. Oder dass die Nachbaren nicht hineinschauen koennen. Keine Ahnung. Auf jedenfall, wenn ein Vorhang gewaschen wird, wird voruebergehend ein Halstuch vors Fenster gehaengt.
Da die Leute hier viel kleiner sind als in Europa ist die Kueche und das Bad in Kindergartengroesse gebaut. Das gibt Rueckenschmerzen beim Abwaschen:-)
Ich habe zwar ein Zimmer fuer mich, aber es kommt nicht selten vor, dass ich es mit Froeschen, Geckos, Kakerlaken, Spinnen, Ameisen oder sonstigen Insekten teilen muss....

Religion

Die Religion ist in diesem Land sehr wichtig. Die meisten sind Hindu oder Buddhisten oder beides zusammen.
Fast jede Woche findet irgendein Festival statt. Ich habe ueberhaupt keinen Ueberblick!
Meine Familie betet jeden Morgen und jeden Abend vor ihrem Hindu und vor ihrem Buddhatempel. Dabei werden massenhaft Raeucherstaebchen verbrannt.
Von jedem Essen wird ein bisschen geopfert. Meisten das beste Stueck.
Glaube und Aberglaube sind aber oft sehr nahe beieinander. So darf man zum Beispiel das Haus nicht um 12 Uhr verlassen oder die Sandalen upside-down liegen lassen.

Essen

Das Essen in Nepal besteht aus zwei Hauptmahlzeiten. Dal Bhat zum Mittagessen und zum Abendessen. Das heisst, Reis mit Linsensuppe und ein wenig Gemuese. Das hat mich am Anfang verstopft, mittlerweilen schaetze ich es aber sehr. Fleisch gibt es nur bei besonderen Gelegenheiten.
Ansonsten gibt es hier viel Indisches oder Tibetisches Essen. Vor allem die Momos (gefuellte Teigtaschen) und die Thupka (Nudelsuppe) haben es mir angetan. Mmmmhhh!!!
In meiner Familie werde ich immer bedient. Ich kann und darf beim Kochen nicht helfen. 
Das Essen ist hier nicht ein gemuetliches Zusammensitzen und plaudern wie bei uns. Wer ein Teller vor der Nase hat beginnt zu essen und wer fertig ist laeuft davon. Die Ama wartet immer mit essen, bis sie sicher ist, dass alle genug erhalten haben.
Am meisten Muehe machte mir am Anfang die Essenszeiten. Oft gibt es schon am Vormittag Lunch und das Abendessen ist zwischen 20.30 und 21 Uhr. 
Dafuer liebe ich das Tee trinken. Tee gibt es ueberall in Nepal! Und wenn man irgendwo zu Besuch geht, erhaelt man sofort eine Tasse Tee. Meistens gibt es zuckersuessen Chai Tee mit Milch. Lecker!!!

VerkehrsteilnehmerInnen


Ueber den Verkehr hier in Nepal koennte man einen Film drehen oder ein Buch schreiben. Es ist fuer eine Schweizerin einfach unglaublich:-) Das schlimmste Verkehrschaos war in Kathmandu. Pokhara ist im Vergleich ziemlich geordnet. Aber trotzdem muss ich mehrmals taeglich den Atem anhalten und ich staune immer wieder wie das hier funktioniert... 
Tiere gehoeren hier ebenso in den Verkehr, wie Fussgaenger, Velos, Autos, Busse, Lastwagen und vor allem viele, viele Motorbikes.
Ich bin oft nicht sicher, ob Nepali den Unterschied zwischen einer Hupe und einer Bremse kennen! Aber im Zweifelsfall wird auf jedenfall gehupt!!! 
Grundsaetzlich herrscht in diesem Land glaub ich Linksverkehr. Es kommt aber nicht selten vor, dass einem ein entgegenkommendes Fahrzeug auf der eigenen Fahrspur entgegenkommt. Aber fuer solche Faelle gibt es ja Hupen!
Es ist sehr schwierig, das Chaos auf einem Foto festzuhalten. Aber ich probiers einmal...



An vielen Lastwaegen ist hinten angeschrieben 'Horn please'. Aber das ist in meinen Augen unnoetig, weil sowieso oft dauern gehupt wird!
Fahrraeder werden manchmal zum fahren gebraucht, oft dienen sie aber auch nur als Transportmittel und sind so vollgeladen mit Gepaeck, dass es nur noch geschoben werden kann.

Motorbikes sind das Hauptverkehrsmittel. Fast alle Autos die umherfahren sind Taxis. Es gibt kaum Leute die ein Auto einfach so haben. Auf Motorbikes wird alles Moegliche transportiert. Oft werden bis zu vier Kinder darauf zur Schule gebracht. Familienausfluege macht man auch per Motorbike: der Vater faehrt, dann kommen zwei bis drei Kinder und zuhinderts sitzt die Mutter (oft im Damensitz). Helm traegt immer nur der Fahrer.


Citybus
Das Busfahren alleine wurde ein Buch fuellen! Pro Bus gibt es einen Driver und einen Kondikteur, der einkassiert. Die Busse sind sehr eng. EuropaerInnen kriegen die Beine fast nicht zwischen die Sitze und oft sind die Busse sehr vollgestopft. Es kann also durchaus vorkommen, dass man unter ein paar Taschen vergraben ist oder von nach Schweiss oder Parfum stinkenden Nepali fast verdrueckt wird. 
Die Tueren des Busses sind immer offen. So kann der Kondikteur hinauslehnen und im Vorbeifahren Werbung machen fuer seine Bussfahrt. Er schreit dauern wohin der Bus faehrt. Mit einer Hand haelt er sich fest, in der anderen hat er das einkassierte Geld und damit winkt er hinaus. Wenn jemand ein oder aussteigen will, klopft er einfach mehrmals an das Dach des Busses, so weiss der Fahrer, dass er anhalten muss.
Bushaltestellen gibt es keine. Man steht einfach an den Strassenrand und winkt oder schreit im Bus, wenn man hinaus will.
Ich glaube, die Busfahrer sind alles Schwerverbrecher. Zumindest fahren sie so als ob sie auf der Flucht waeren. So eine Busfahrt ist also eine ziemlich gefaehrliche Angelegenheit. Aber in jedem Bus ist neben dem Fahrer ein kleiner Hindu- oder Buddhatempel, der Schutz bietet. Nur zweifle ich manchmal ernsthaft, ob das genug Schutz ist....
Eine Busfahrt in Pokhara kostet zwischen 8 und 15 Rupien (15-35 Rappen)!

Strassenzustand


Ich glaube der Hauptunterschied zwischen dem Verkehr in der Schweiz und dem in Nepal ist, dass die Schweizer im Zweifelsfall ausweichen und bremsen und die Nepali bis aufs Aeusserste gehen, bevor sie reagiern. Ist nicht gerade Nervenschonend!

Pflanzenwelt

Die Vegetation hier in Nepal ist unglaublich vielfaeltig. Der groesste Teil des Landes besteht aus Dschungel (ausser der Himalya). Ich sehe immer wieder Pflanzen, die ich noch nie gesehen habe oder esse Fruechte und Gemuese, die man bei uns nicht kennt.
Was ich vor allem geniesse, sind die vielen exotischen Fruechte die hier wachsen: Ananas, Bananen, Guaven, Aepfel, Melonen, Orangen, Zitronen, Manos und Papayas. Fuer einige ist leider momentan nicht Saison.


Lapsi. Das ist eine suess-saure kleine Frucht.
Reis ist das Grundnahrungsmittel.
Hirse
 

Wer kennt dieses Gemuese? Ein bisschen bitter zum Essen, aber sehr lecker!
Bambus. Der wachste sehr hoch und Bambusstaebe werden vor allem auf dem Bau als Geruest sehr oft verwendet.
 

Dschungelmais ist Baernefutter, fuer uns ist er aber giftig.














Bhumdi

Gestern gingen wir nach Bhumdi. Das ist das Heimatdorf meiner Ama. Momentan ist Dasein-Festival. Das ist etwas so Kompliziertes, dass ich das nicht verstehen. In diesem Augenblick wird grad unmittelbar vor der Tuer meines Internetshops eine Ziege geschlachtet!!! Das gehoert auch dazu... Aber ich schaue lieber in den Bildschirm!
Auf jedenfall gingen wir wegen dieses Festivals nach Bhumdi zu einem Hindutempel. Da vor knapp einem Jahr die aeltere Tochter meiner Familie gestorben ist, wollten sie in ihrem Namen Geld spenden. Das ganze Dorf hat sich bei diesem Tempel versammelt. Es war ein recht komischer Anlass fuer eine Auslaenderin, die kein Nepali versteht und die Kultur nicht kennt.
Meine Familie wurde gesegnet, andere haben getanzt und gesungen, es wurde geschwatzt, einige waren mit putzen beschaeftigt, andere haben gekocht, zwei Maenner beschaeftigten sich mit Meissel und Hammer am Tempel, aus Lautsprechern kam laute, laute Musik, ein paar Ansprachen wurden gehalten, bei denen niemand zuhoerte und vor allem wurde viel geschwartet... Am Schluss spendeten meine Familie und ich das Geld im Namen der verstorbenen Tochter, es gab Milchreis zu essen und ploetzlich waren alle wie vom Erdboden verschluckt...

Wie immer, war fuer mich die Aussicht auf die Berge das Schoenste.

Links meine Ama, die anderen beiden sind ihre Schwestern
Me and Baba (und zwei neugierige Jungen...)

So wurde Milchreis gekocht
Dieser Mann war den ganzen Tag mit Hammer und Meissel beschaeftigt.
Meine Familie wurde gesegnet und als Dank fuer die Geldspende erhielten wir alle einen weissen Schal. Vor allem fuer meine Ama war es ein schwieriger Tag. Sie hat viel geweint. Der Tod ihrer Tochter ist fuer sie nach wie vor sehr schwer fassbar. Baba und Melina muessen daneben oft die Starken spielen...

Einige haben den ganzen Tag getanzt.
Me, Melina und Ama
Dipesh, seine Eltern betreiben ein kleines Restaurant unmittelbar neben Babas Shop. Er ist oft bei uns zu Hause, isst mit uns und schlaeft bei uns. Er gehoert ein bisschen zur Familie und kam auch mit nach Bhumdi.